Putin vor Unternehmern: Keine Eile mit dem Verkauf ukrainischer Aktiva

Auf einem Geheimtreffen mit Vertretern der Wirtschaft empfahl gestern der russische Präsident Wladimir Putin, den Abzug oder den Verkauf der Aktiva aus der Ukraine nicht zu überstürzen. Er riet dazu abzuwarten, „solange es die Hoffnung auf eine Normalisierung der Situation gibt.“

Der Staatschef hatte am Donnerstag ganz offiziell den Kongress des Russischen Verbandes der Industriellen und Unternehmer (RSPP) besucht. Anschließend traf er sich hinter verschlossenen Türen mit Großunternehmern.

Im ersten – veröffentlichten – Teil seiner Ansprache lobte der Präsident die Wirtschaft für ihre „verantwortungsvolle und reife“ Arbeit und versicherte, dass sich die politische Führung des Landes Gedanken macht, wie die finanzielle Belastung für die Unternehmen gemindert werden kann und sprach sich für eine Aufweichung der Wirtschafts-Strafgesetzgebung aus.

Im zweiten – geheimen – Teil des Treffens, das etwa eine Stunde dauerte, ging es nach Aussagen von Teilnehmern in erster Linie um geopolitische Fragen.

So wollten die Wirtschaftsvertreter vom Präsidenten wissen, wie sie denn mit ihren Aktiva in der Ukraine verfahren sollten. So wurde von einem Geschäftsmann konkret die Frage gestellt, ob es sich lohne, zum derzeitigen Zeitpunkt, angesichts der sehr schwierigen Beziehungen zwischen Moskau und Kiew, die ukrainischen Aktiva abzustoßen oder man lieber warten solle, falls sich die Situation zum Besseren wende.

Die Führung kann wechseln, das Geschäft bleibt

Ein Teilnehmer an der Veranstaltung sagte gegenüber der Agentur RBC, dass Putin in seiner Antwort „davon sprach, dass es zum jetzigen Zeitpunkt durchaus Sinn habe,  mit dem Verkauf oder dem Abzug der ukrainischen Aktiva zu warten, solange die Hoffnung auf eine Normalisierung der Beziehungen besteht.“  Allerdings habe Putin betont, dass dies keine Anweisung von ihm sei, sondern lediglich seine Einschätzung der Situation. „Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie er sich in dieser Situation verhält“, gab der Teilnehmer Putins Worte wieder.

„Er (Putin) sagte auch, dass dort (in der Ukraine – hh) im Finanz- und Bankensektor ein Druck spürbar sei, aber bei den Industrieaktiva könne die Situation eine andere sein. Dessen ungeachtet habe der Staatschef zu verstehen gegeben, dass „man sich noch in Geduld fassen sollte, um zu sehen, wie sich die Ereignisse entwickeln.“, sagte der Gesprächspartner.

Ein anderer Teilnehmer berichtete, dass Putin den Geschäftsleuten nicht empfohlen habe, ihre Aktiva in der Ukraine zu verkaufen. Der Präsident gab zu verstehen, dass die politische Führung in dem Nachbarland zwar wechseln könnte, aber die Ukraine und das Business würden weiter bestehen bleiben.

Der Präsident spielte hier offensichtlich auf den zunehmenden politischen und finanziellen Druck aus dem Westen auf die Führung der Ukraine an, die Hardliner aus der Regierung zu entfernen und die versprochenen wirtschaftlichen Reformen umzusetzen. Putin sprach in diesem Zusammenhang auch von einer schwächer werdenden Position Petro Poroschenkos hinsichtlich der Minsker Vereinbarungen, die der ukrainische Präsident nicht im Stande sei vollständig umzusetzen.

Beziehungen zu den USA im Aufwind

Außerdem, so ein weiterer Teilnehmer des Treffens, habe Putin über die Beziehungen zu den USA gesprochen. Der Präsident habe seine Meinung geäußert, wonach man keine weitere Verschärfung der Konfrontation befürchten müsse, sich vielmehr die Beziehungen mit den Vereinigten Staaten allmählich verbessern würden. Allerdings gab er keine Prognose ab zur zeitlichen Perspektive für die Verbesserung der Beziehungen und die Aufhebung der Sanktionen.

Des Weiteren interessierten sich die Geschäftsleute für das Vorgehen Russlands in Syrien. Putin habe ihnen erläutert, dass die Einstellung der Kampfhandlungen und der teilweise Truppenabzug aus dem Land erfolgt seien, „weil sich die Situation stabilisiert“ habe.

An der  Begegnung mit den Unternehmern hatten von staatlicher Seite neben dem Präsidenten die Zentralbank-Chefin Elvira Nabiullina, Finanzminister Anton Siluanow und Wirtschaftsminister Alexej Uljukow teilgenommen.
(Hartmut Hübner/Russland.RU)

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