Putin: Russland trainiert in Syrien, Ankara leckt US-Körperteil

Russland besteht nicht auf dem Erhalt seiner Luftwaffenbasis in Syrien. Und mit der momentanen türkischen Führung kann der Kreml nicht mehr reden. Das sind Putins Kernaussagen zum Hauptkrisenherd dieses Jahres.

All Jahre wieder hält Wladimir Putin zur Weihnachtszeit eine riesige Pressekonferenz ab, diesmal vor der Rekordzahl von 1390 Journalisten – vom ostsibirischen Provinzblatt bis zur Wall-Street-Presse. Gleich zu Beginn der dreistündigen Präsidentenbefragung ging es um die akuten Epizentren für Ärger: Syrien und die Türkei.

Putin machte seinen Ärger über den Abschuss des russischen Kampfjets über Syrien durch die türkische Luftwaffe in aller Deutlichkeit Luft: Dies sei ein „feindseliger Akt“ gewesen. Russland hätte über den Abschuss hinweggesehen, wenn die Führung in Ankara dies anschließend als Missgeschick ausgegeben „und zum Telefonhörer gegriffen hätte“, so Putin. „Aber sie rannten gleich zum Hilfeholen zur NATO. Genau dies hat die Russen erzürnt“, sagte Putin.

Erdogan und der Hintern der USA: Putin sagt es mit doppeltem Vorbehalt

Auf die Frage eines türkischen Journalisten, ob die vor kurzem noch so intensiven russisch-türkischen Beziehungen durch Einwirkung einer „dritten Macht“ zerstört worden seien, gab Putin den Unwissenden: „Vielleicht gibt es die, aber wir wissen nichts darüber“. Aber mit einer diesbezüglichen Vermutung konnte er sich dann doch nicht zurückfallen und fiel dabei auch gleich ins berühmte deftige Putin-Sprech: „Wenn in der türkischen Führung jemand beschlossen hat, die Amerikaner an einer bestimmten Stelle zu lecken, dann weiß ich nicht, ob sie sich richtig verhalten oder nicht“. Es könne sein, so Putin, dass es eine türkisch-amerikanische Absprache gab, ein russisches Flugzeug abzuschießen und auch einen Teil des Irak zu besetzen. Der Saal applaudierte – in Ankara dürfte man hingegen ein weiteres Mal ob der Russen nicht besonders amüsiert sein.

Putin kümmert dies offenbar bereits wenig, denn der einst so kollegiale kurze Draht zu Erdogan ist abgerissen: „Mit der gegenwärtigen Regierung der Türkei lässt sich kein Dialog führen. Auf staatlicher Ebene sehe ich keine Perspektive, die Beziehungen in Ordnung zu bringen“. Dabei deutete Putin an, dass er noch auf dem G-20-Gipfel in Antalya von der Türkei um Hilfe in nicht näher erklärten Fragen gebeten worden sei, „wobei die Antworten der Türkei auf diese Fragen nicht in den Kontext des Völkerrechts passten – doch stellen sie sich vor, wir waren bereit, Ihnen dabei zu helfen.“ (Hört, hört…, d.V.)

Die humanitären Beziehungen zur Türkei würden hingegen weiterhin gepflegt, „die Turkvölker waren und bleiben unsere Partner.“ Das war vermutlich nicht ganz die Antwort, die sich die Fragestellerin aus Tatarstan gewünscht hatte: Sie hatte ausführlich dargestellt, dass in ihrer Teilrepublik das Brudervolk der Türken der größte Auslandsinvestor sei. Doch nun würden türkische Geschäftsleute ausgewiesen und türkische Studenten von den Universitäten exmatrikuliert.

Syrien: Bombardements solange Assad sie braucht

Putin bestätigte, dass beim nur wenige Tage zurückliegenden Besuch von US-Außenminister John Kerry über die Zukunft des syrischen Präsidenten Assad gesprochen worden sei – aber: „Nur das syrische Volk soll entscheiden, von wem es geführt wird“. Man sei sich aber in den Grundzügen der Syrienpolitik einig, auch wenn von allen Seiten für eine Lösung Zugeständnisse erfordert würden.

Ein solches Zugeständnis von russischer Seite skizzierte Putin gleich anschließend: Es sei noch lange nicht beschlossene Sache, dass der gegenwärtig von der russischen Luftwaffe bei ihrem Syrien-Einsatz genutzte Flughafen bei Latakia als russischer Militärstützpunkt dauerhaft erhalten bleibe. Momentan sei dies ein auf die Schnelle eingerichtetes Provisorium.

Der russische Militäreinsatz werde aber so lange anhalten, wie dies die syrische Regierung zur Unterstützung ihrer Offensiven gegen ihre Gegner für nötig halte. Putin erklärte erneut, dass auch gewisse Oppositionskräfte in Syrien in ihrem Kampf gegen den IS russische Luftunterstützung erhielten – auch wenn bisher keine syrische Gruppierung dies ihrerseits bestätigt hat. Finanziell sei das Syrien-Engagement für Russland keine besondere Belastung, behauptete Putin, der Kampfeinsatz würde aus Mitteln des Verteidigungshaushaltes bezahlt, die eigentlich für Übungen und Trainingsflüge vorgesehen waren. „Wir können da noch lange trainieren, ohne ernsthaft Schaden zu nehmen“.

Die Möglichkeit, jedes Objekt oder jede Kraft in dieser Region anzugreifen, behalte Russland im Übrigen auch ohne den Luftwaffenstützpunkt in Syrien, meinte Putin: Dazu haben man schließlich in den letzten Jahren see- und luftgestützte neue Mittelstreckenwaffen entwickelt.

[ld/russland.RU]

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