Nicht nur Ärger bei der FIFA: Ex-RFS-Präsident Tolstych beschuldigt Capello

Bei der turnusmäßigen Konferenz des Russischen Fußballverbandes RFS wurde am Wochenende Präsident Nikita Tolstych abgewählt. Der behauptet nun, Nationaltrainer Fabio Capello besitze in Russland einen weiteren Vertrag über zehn Millionen Euro. Ganz falsch liegt er nicht: Der Coach hat wohl tatsächlich einen weiteren Kontrakt – zwar nicht in Russland, aber mit Russland-Connection.

Im RFS geht es weiter drunter und drüber. Der Verband steckt tief in den Miesen und steht finanziell kurz vor dem Bankrott. Ein „heißes“ Thema ist seit Jahren die Gage für den italienischen Startrainer, die sich auf sieben Millionen Euro im Jahr beläuft. Zuletzt schuldete der RFS Capello monatelang den Lohn; der Super-GAU konnte nur dadurch verhindert werden, dass Oligarch Alischer Usmanow einen 400-Millionen-Rubel-Kredit aufnahm und das Lohnloch damit kittete. Eine Dauerlösung konnte das natürlich nicht sein.

Tolstych war 2012 angetreten, um den in Skandale verwickelten Verband auf einen neuen Weg zu bringen. Von Anfang an hatte er mehr Feinde als Freunde, und es grenzt fast an ein Wunder, dass er sich fast drei Jahren auf dem Schleudersitz halten konnte. Als neuer RFS-Präsident wird jetzt Sportminister Vitali Mutko gehandelt, der den Posten bereits von 2005 bis 2009 bekleidet hatte.

Gab es eine Antwort oder nicht?

Nach seiner Amtserhebung wartete Tolstych mit einer überraschenden Erklärung auf: Er habe Informationen gehabt, dass Nationalcoach Fabio Capello neben seiner Verpflichtung beim RFS einen zweiten Vertrag hat, der ihm weitere zehn Millionen Euro einbringe. Er habe bei Pierfilippo Capello, dem Sohn und Agenten des Trainers, schriftlich um Aufklärung gebeten, ob es eine zweite Vereinbarung in Russland mit russischen Organisationen gebe, aber nie eine Antwort bekommen.

„Jetzt wissen wir, warum Capello sich bis zu einem bestimmten Moment nicht über die Lohnrückstände beschwert hat“, zitiert der „Kommersant“ Tolstych. „Ziemlich überraschend tauchte in der Geschichte mit dem italienischen Trainer ein zweiter Vertrag auf.“

Pierfilippo Capello weist die Anschuldigungen zurück. Gegenüber rsport.ru sagte er: „Ich kann sagen, dass wir die Fragen von Tolstych und dem Russischen Fußballverband schriftlich beantwortet haben. Dem RFS liegt diese Antwort vor: (…) Fabio Capello hat nur einen Vertrag mit dem RFS, es gibt keinen anderen Vertrag mit irgendwelchen russischen oder zu Russland in Beziehung stehenden Personen, Firmen oder Organisationen.“

Capellos Seitensprung

Das ist aber nur die halbe Wahrheit, hat die schweizerische „Handelszeitung“ herausgefunden. Denn es gibt einen Vertrag zwischen der britischen Firma Chestersen Ltd. und der monegassischen Faro Management Ltd., in dem Capello „für Marketing-Arbeiten und Werbe-Dienste“ von 2014 bis 2018 zehn Millionen Euro versprochen werden. 2,5 Millionen davon soll er bereits erhalten haben.

Zufall oder nicht – Faro Management vermittelte dem RFS 2011 den italienischen Schiedsrichter Roberto Rosetti, der dort bis Ende 2013 als Verbands-Chefschiedsrichter fungierte. Wenn jetzt beim RFS behauptet wird, man habe von der Firma noch nie etwas gehört, klingt das nicht sehr glaubwürdig. Wie tief die Abgründe der Korruption im Verband wirklich sind und welche Positionen in dem Schlamassel Tolstych und Capello haben, lässt sich bislang nicht einmal erahnen.

[sb/russland.RU]

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