„Nicht mein Verdienst“: Friedensnobelpreis geht an einen russischen Journalisten

„Nicht mein Verdienst“: Friedensnobelpreis geht an einen russischen Journalisten

Wird der oppositionelle Alexej Nawalny der Preisträger? Oder die belarussische Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tiсhanowskaja? Am Freitagmorgen diskutierten die Radiomoderatoren von Echo Moskwy noch live miteinander und mit Hörern und Experten darüber, wer den Friedensnobelpreis erhalten würde. Zu den Favoriten zählten auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Umweltaktivistin Greta Thunberg und sogar US-Präsident Joe Biden.

Der Preis ging jedoch an den Chefredakteur der Nowaja Gaseta, Dmitri Muratow. Er wurde an ihn „für seine Bemühungen um die Verteidigung der Meinungsfreiheit, die eine Voraussetzung für Demokratie und dauerhaften Frieden ist“, verliehen. Neben ihm erhielt die philippinische Journalistin Maria Ressa den Friedensnobelpreis. „Frau Ressa und Herr Muratow erhalten den Preis für ihren mutigen Kampf für die Meinungsfreiheit auf den Philippinen und in Russland“, sagte Berit Reiss-Andersen, Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees.

Muratow gehörte 1993 zu den Gründern der Nowaja Gaseta und ist seit 1995 ihr Chefredakteur. Die Zeitung gilt als das unabhängigste Medium Russlands. Anna Politkowskaja, die 2006 ermordete Reporterin, Autorin und Menschenrechtsaktivistin, arbeitete dort.

Alexei Wenediktow, Chefredakteur von Echo Moskvy, bezeichnete die Auszeichnung als absolut verdient und als Sieg nicht nur für Dmitri Muratow, sondern für ganz Russland. „Es ist ein Sieg für die Meinungsfreiheit und wichtig für das ganze Land, unabhängig davon, wie jemand die Zeitung Nowaja Gaseta oder den Chefredakteur einschätzt“, so Wenediktow, „das ist keine Russophobie, sondern die Anerkennung, dass es in Russland Meinungsfreiheit und unabhängigen Journalismus gibt.

Dmitri Muratow selbst sagte, er habe einen Anruf vom Nobelkomitee erhalten, sei aber nicht ans Telefon gegangen, weil er mit seiner Arbeit beschäftigt war. Er ist der Meinung, dass der Preis nicht ihm, sondern denjenigen gebührt, „die bei der Verteidigung des Rechts auf Meinungsfreiheit gestorben sind“. Seit der Gründung der Zeitung sind fünf ihrer Journalisten umgekommen. Ihnen widmete er den Preis: „Der ist für sie.“

Die russische Regierung, der russische Journalistenverband und Präsidentensprecher Dmitri Peskow beglückwünschten Muratow zu der Auszeichnung. Die Verleihung des Friedensnobelpreises an den Chefredakteur der Nowaja Gaseta ist eine angemessene Würdigung seiner Professionalität, seiner menschlichen Qualitäten und seiner Überzeugungstreue, sagte Boris Beljakow, Sprecher des russischen Ministerpräsidenten Michail Mischustin.

Muratow ist der dritte Russe, der den Friedensnobelpreis erhält. Zuvor wurde er an Andrej Sacharow und Michail Gorbatschow verliehen.

[hrsg/russland.NEWS]

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