Neues Altes vom Lexikus-Verlag – Geschichtliche Darstellung der Ansiedlung und ferneren Schicksale

Neues Altes vom Lexikus-Verlag – Geschichtliche Darstellung der Ansiedlung und ferneren Schicksale

, wie auch des jetzigen Zustandes der Landwirtschaft der Kolonisten an der Wolga.

Aus: Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland. 13. Band

Autor: Braun, M.

Aus den – Unterhaltungsblättern für Deutsche Ansiedler im Südlichen Russland., Erscheinungsjahr: 1854

Während ich hier eine geschichtliche Beschreibung liefere, welche die Ergebnisse meiner unbefangenen Ansicht, der samarischen und saratowschen Ansiedlungen enthält, so habe ich nur einige Worte voraus zu schicken.

Schon manche der hiesigen Kolonisten haben den sehnlichen Wunsch geäußert, die Geschichte unserer schon längst verewigten Urväter, ihrer Einwanderung nach Russland und Niederlassung an der Wolga, durch den Druck dem Andenken der Nachkommen zu überliefern, damit dieselben wissen, wann, woher und unter welchen Umständen die Stammväter nach Russland gekommen sind, und welche Schicksale dieselben gehabt haben.

Obgleich es an genauen schriftlichen Nachrichten hierüber mangelt und das Meiste aus Briefen und mündlichen Überlieferungen glaubwürdiger Männer zusammengestellt werden musste, so habe ich mich dennoch seil langen Jahren damit beschäftigt, soviel Geschichtliches als möglich zu sammeln und hiermit zu veröffentlichen.

Die Kaiserin Katharina II. verkündete durch ein Manifest vom 4. Dezember 1762 ihren Entschluss in ihrem großen Kaiserreiche auch Ausländer aufzunehmen. Am 22. Juli 1763 erließ Ihre Kaiserl. Maj. ein zweites, ausführliches Manifest, wodurch Ausländer nach Russland berufen wurden, um unter den deutlich bezeichneten Vorrechten und Rechtsverhältnissen sich in Russland häuslich niederzulassen. Dann wurden Bevollmächtigte nach verschiedenen Ländern Europas ausgeschickt, um Auswanderer anzuwerben und einzuführen. Drei dieser Direktoren hießen: Munni, La Roy und Baron Bork, wonach die Gruppen der Kolonien anfänglich auch benannt wurden.

Einwanderung der Deutschen nach Russland in den Jahren 1764 bis 1770.

In denselben Jahren waren die deutschen Staaten durch den siebenjährigen Krieg, Frankreich durch die Austreibung der Protestanten zerrüttet, tausende von Familien heimatlos und notgedrungen, sich eine neue Heimat zu suchen, um ihr Leben fristen und den Ihrigen einen neuen Herd bauen zu können.

Drei Länder boten den Hilfsbedürftigen eine Zufluchtsstätte: Russland, Ungarn und Nord-Amerika. Glücklich preisen wir uns, dass unsere Voreltern dem Rufe der Kaiserin Katharina II. folgten und Russland zu ihrer neuen Heimat wählten.

Aus Baiern, Sachsen, Württemberg, Baden, Hannover, Hessen, Elsaß, Lothringen, Tirol, Frankreich, der Schweiz und den Niederlanden sammelten sich Scharen von Auswanderern, um im fernen Osten eine Ruhestätte zu finden. Diese große Verschiedenheit in Sprache, Mundart, Glaubensbekenntnis, Sitten, Gebräuchen und Trachten hat sich durch gemeinschaftliche Ansiedelung seit 90 Jahren teils bedeutend vermindert, teils beinahe ganz aufgehoben, so dass z. B. außer der Landessprache in diesen Kolonien nur deutsch gesprochen wird, und deutsche Lebensweise vorherrschend zu bemerken ist.

Quelle: http://www.lexikus.de/bibliothek/Geschichtliche-Darstellung-der-Ansiedelung-und-ferneren-Schicksale-wie-auch-des-jetzigen-Zustandes

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