Naiv oder vielleicht doch Absicht?

Die Verweigerung der Einreise des Bundestagsabgeordneten Karl-Georgr Wellmann nach Russland, hat in Deutschland für viel Aufregung gesorgt. Man habe den CDU Politiker willkürlich und ohne Vorwarnung vom Flughafen Schremetjewo nicht in die russische Hauptstadt fahren lassen, wo er mit russischen Politikern verabredet gewesen sei.

Nun sind solche drastischen Maßnahmen in dem derzeit gespannten Verhältnis zwischen Deutschland und Russland gegen offizielle Vertreter des jeweils anderen Staates nicht gerade geeignet, den Dialog wieder in Gang zu bringen. Bekanntlich hatten die EU-Mitgliedsstaaten, wie auch die USA, gleich zu Beginn der Sanktionen gegen Russland im vergangenen Jahr eine Liste von russischen Staatsbürgern erstellt, denen die Einreise in die Europäische Union und nach Nordamerika untersagt wurde.

Wen wundert es da, dass Russland Gleiches mit Gleichem vergilt? Zumal sich Wellmann, der auch Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe und zugleich Russland-Berichterstatter der Unionsfraktion im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages ist, zum Beispiel zum Ukraine-Konflikt recht eindeutig positioniert hat. So sagte er im Februar im ZDF: „Es ist ein russischer Krieg, der dort geführt wird. Die Separatisten sind Werkzeuge der Russen.“ Und weil er aus seiner Einstellung zu seinem beabsichtigten Reiseziel auch kein Hehl gemacht hat, hätte ihm eigentlich auch ein leichter Zweifel kommen können, inwieweit er in diesem Land tatsächlich willkommen ist.

„Hätte er bei uns nachgefragt, hätten wir ihm sagen können, dass für ihn ein Grenzübertritt in die Russische Föderation derzeit nicht möglich ist“, erklärte Sergej Beljajew, Presseattaché der russischen Botschaft in Berlin auf Anfrage von russland.RU. „Wohl jedes Land der Welt übergibt an seine konsularischen Vertretungen und den Grenzschutz so genannte Stopp-Listen mit Namen von Personen, deren Einreise nicht erwünscht ist.Das ist in den EU-Mitgliedern oder den USA ebenso Praxis wie in Russland. Herr Wellmann hätte also, wenn er es gewollt hätte, von der Verweigerung einer Einreise nach Russland erfahren können. Übrigens denke ich, dass auch das deutsche Auswärtige Amt bei einer Nachfrage im russischen Außenministerium entsprechend informiert worden wäre.“ Es gebe von russischer Seite keine spezielle, geheime „Sanktions-Stopp-Liste“, machte der Diplomat deutlich. Ob bei einem offiziellen Ersuchen Wellmanns die Entscheidung vielleicht anders ausgefallen wäre, bleibt Spekulation.„Aber so musste der Grenzbeamte seine Pflicht tun.“

Viel Aufhebens also um etwas, das man hätte voraussehen können?

Ganz gleich, ob der Reiseversuch von Herrn Wellmann naiv oder wohlkalkuliert war, zeigt der Eklat doch zweierlei: Zum einen, dass es keiner Seite hilft, wenn man dem Nachbarn bei einem Streit die Tür weist, anstatt mit ihm zu sprechen und zum anderen, dass in Deutschland in Bezug auf Russland immer noch mehr Stimmung gemacht als hinterfragt wird.

HH/russland.RU

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