Merkel: Eine europäische Friedensordnung nur mit Russland

… Die europäische Sicherheitsordnung kann nur mit Russland funktionieren, nicht gegen Russland. Wie kann eine zukünftige europäische Friedensordnung mit Russland denn aussehen, ohne dass wir die Prinzipien der Charta von Paris über Bord werfen?

… Sie haben Recht, wir können eine europäische Friedensordnung nur mit Russland gestalten. Deshalb habe ich mich auch immer sehr dafür eingesetzt, dass wir trotz der großen Konflikte im Zusammenhang mit der Ukraine und der Unverletzlichkeit der territorialen Integrität immer wieder auch in der NATO zum Beispiel – die NATO-Russlandgespräche – nicht aussetzen, die NATO-Russlandakte achten. Und auch Seitens der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sollten wir natürlich alles daran setzen, dass wir wieder in bessere Gesprächskontakte kommen. Dazu gehört allerdings, dass dann auch die Vereinbarungen von Minsk umgesetzt werden. wenn das gelänge, dann hätten wir eigentlich einen Anfangspunkt, um wieder noch mehr und intensiver zu sprechen. Und es gilt natürlich vor allen Dingen auch, alle Abrüstungsverträge, die geschlossen wurden – gerade auch zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Russland – einzuhalten, weil ansonsten auch eine Belastung entstehen könnte.

Stichwort Nordkorea: … Nun haben Sie selbst gesagt, dass es an der Zeit ist, dass Europa seine Sicherheit auch vermehrt in eigene Hände nimmt. Was bedeutet das denn im Hinblick auf nukleare Abschreckung? Braucht Deutschland – oder vielleicht auch Europa – eine eigene Atomwaffe?

Nein, das sehe ich nicht. Deutschland hat sich im Übrigen auch verpflichtet, keinerlei Atomwaffen einzusetzen – zuletzt im Zwei-plus-Vier-Vertrag im Zusammenhang mit der Deutschen Einheit. Uns geht es ja im Grunde um Abrüstung. Ich habe mich allen Initiativen von Barack Obama angeschlossen – und auch die ganze Bundesregierung –, dass wir auf eine atomwaffenfreie Welt hinarbeiten. Sie haben Recht, durch die Tests in Nordkorea haben wir jetzt wieder eine sehr schwierige Situation. Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Situation trotzdem diplomatisch gelöst werden muss. Und, dass sie uns noch mehr anspornen muss, Abrüstungsbemühungen in Gang zu setzen. Und hier muss die NATO natürlich zusammenstehen. Hier spielt auch Russland natürlich wieder eine entscheidende Rolle. Wir haben gesehen, dass es nach Jahren doch gelungen ist, mit dem Iran ein Abkommen abzuschließen – durch gemeinsame Diplomatie. Ähnliche Aktivitäten müssen wir jetzt auch im Blick auf Nordkorea entwickeln.

Die Fragen stellte Dr. Barbara Kunz, 37, Politikwissenschaftlerin, Research Fellow am Französischen Institut für Internationale Beziehungen (IFRI) in Paris

[hmw/russland.NEWS]

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