Krim: Im Dauerlauf nach Russland [mit Video]

Während sich die deutschen Berichte von der Krim fast nur mit der Abwicklung der ukrainischen Vergangenheit beschäftigen, geht es den örtlichen Onlinemedien mehr um die vielen Dinge, die sich jetzt plötzlich wie auf einen Schlag ändern, weil man faktisch von heute auf morgen zu Russland gehört. Unabhängig von der juristischen Seite fühlt es sich offenbar auf jeden Fall so an. Es scheint vor Ort so, als wollten die Mächtigen Russlands und der Krim übernacht aus der Halbinsel einen voll integrierten Bestandteil der Russischen Föderation machen.

  • Dieser Bericht beruht ausschließlich auf den Meldungen der Onlinepresse vor Ort, um die Beeinflussung unserer Berichterstattung durch deutsche oder russische Propaganda zu verhindern

So erhalten Verwaltungsbeschäftigte der Krim ihren nächsten Monatslohn schon in Rubel. Putin verspricht vor Ort, die Renten würden kurzfristig auf das (wesentlich höhere) russische Niveau angehoben. Sewastopol soll laut sevnews.info innerhalb Russlands eine Freihandelszone werden. Zahlreiche russische Kommunen sekundieren bei dieser PR-Show. Moskau liefert laut krym.net kostenlose Feuerwehrautos nach Sewastopol, Wolgograd eröffnet einen groß angelegten Schüleraustausch mit der Krim. Viele Krim-Bewohner bekämen laut unserem Partner vor Ort Kertsch FM bereits russische Pässe.

Kertsch FM widersprach übrigens heute der gestrigen Darstellung anderer örtlicher Zeitungen, auch viele Krim-Tataren hätten den Weg nach Russland unterstützt. An Wohnorten der Tataren sei die Beteiligung am Referendum bei etwa 20 % gewesen, womit die Menge der Krim-Tataren, die nach Russland gewollt hätte, ausreichend beschrieben sei. So sind offensichtlich andere Aussagen von Tatarenführern gestern in Sewastopol entweder Augenwischerei, schildern nur die Meinung einer Minderheit oder man hat, wie so oft, begonnen, sein Fähnchen in den gedrehten Wind zu hängen.

Groß berichtet wird von der örtlichen Presse auch von der geplanten Brücke nach Russland, die jetzt doppestöckig für Eisenbahn und Autoverkehr bei Kertsch entstehen soll. Weniger Begeisterung herrscht für die russische Wehrpflicht die, wen wundert´s erst mit Verzögerung auf der Krim installiert werden soll, um die Feierstimmung nicht unnötig zu stören. Von der in Deutschland viel berichteten Besetzung des Flottenhauptquartiers der Ukraine gibt es ein Video von livenews.ru, das zeigt, wie diese aus einer prorussischen Demonstration entstand:

https://www.youtube.com/watch?v=9KW6DpecMrI

Die gestrige Schießerei im Simferopol bezeichnete der Krim-Regierungschef Aksjonow mittlerweile gegenüber der Online-Zeitung forpost als Provokation. Es seien zuerst von einer dritten Position nach beiden Seiten Schüssen abgegeben worden, worauf das Feuergefecht zwischen Selbstverteidigungskräften der Krim und der ukrainischen Armee entstanden sei. Dieses habe dann auf jeder Seite ein Menschenleben gefordert. Angesichts der Tatsache, dass die Halbinsel mit ukrainischen und russischen Soldaten, Selbstverteidigungsgruppen und „bewaffneten, höflichen Männern“ (irregulär auftretende, russische Soldaten) überquillt, ist es nach Einschätzung auf der Krim nicht auszuschließen, dass sich auch westukrainische Provokateure af der Krim befinden. Erst am Tag vor dem Feuergefecht waren Aktivisten des „Rechten Sektors“ vor Ort festgenommen worden. Allerdings ist s auch gut möglich, dass angesichts der angespannten Lage auf der Krim die kaum ausgebildeten „Selbstverteidigungsgruppen“ der Bewohner die Nerven verloren haben, was in der jetzigen Situation von Aksjonow nie zugegen würde. So wird das Rätselraten um den tragischen Feuerwechsel wohl noch einige Zeit weiter gehen.

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