Krieg mit anderen Mitteln

Einflussreiche deutsche Außenpolitiker schlagen eine „Doppelstrategie“ im Machtkampf des Westens gegen Russland vor. Wie der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, erklärt, müsse der Westen zwar auch in Zukunft eine „Position der Stärke“ demonstrieren. Da es aber gegenwärtig offenbar nicht gelinge, Moskau mit einer Politik reiner Konfrontation niederzuringen, müsse man eine neue Phase der Einbindung Russlands einleiten.

Dazu böten sich Gespräche über eine Kooperation zwischen der EU und der neu gegründeten Eurasischen Wirtschaftsunion an. Eine solche Kooperation solle, wie Experten urteilen, den Kampf „zwischen Russland und dem Westen vom militärischen Feld zurück auf das ökonomische“ bringen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ein entsprechendes Vorgehen vergangene Woche in Aussicht gestellt. Gleichzeitig dauern die Aggressionen gegen Russland an. Eine US-Ratingagentur hat Russland soeben auf „Ramschniveau“ herabgestuft; weitere Schritte sind im Gespräch.

Noch kein Erfolg
Hintergrund des Vorschlags der deutschen Kanzlerin, eine Kooperation zwischen der EU und der auf russische Initiative gegründeten Eurasischen Wirtschaftsunion in Betracht zu ziehen, sind zum einen ausbleibende Erfolge sowohl im allgemeinen Machtkampf gegen Russland als auch im ukrainischen Bürgerkrieg.

Trotz breit angelegter Unterstützung aus dem Westen ist es der prowestlichen Kiewer Regierung bislang nicht gelungen, die Aufstände im Osten der Ukraine niederzuschlagen und das Land vollständig unter Kontrolle zu bekommen. Dass die womöglich bevorstehende Offensive der Kiewer Truppen [1] einen entscheidenden militärischen Erfolg haben könne, wird von nicht wenigen Beobachtern in Zweifel gezogen.

Rein gar nichts deutet zurzeit darauf hin, dass Russland in absehbarer Zeit gezwungen werden könne, die Übernahme der Krim – wie vom Westen gefordert – rückgängig zu machen. Auch den Bemühungen, Staatspräsident Putin zu stürzen, ist bislang keinerlei Erfolg beschieden; vielmehr genießt Putin nach wie vor breiteste Unterstützung in der Bevölkerung.

Erste Verluste
Gleichzeitig führt der Machtkampf gegen Russland zu ersten für Berlin schmerzhaften Verlusten. Dass Moskau das Pipelineprojekt „South Stream“ beendet hat, beschädigt zentrale deutsche Strategien zur Sicherung der Erdgasversorgung der Bundesrepublik und der EU. Zudem hat Gazprom den Plan aufgegeben, seine Geschäfte in Deutschland bis zum Verkauf an die Endkunden auszudehnen und im Gegenzug deutschen Konzernen wie Wintershall den Zugriff auf neue Erdgasfelder in Sibirien zu gestatten – ein schwerer Schlag für Wintershall (german-foreign-policy.com berichtete [2]).

In der vergangenen Woche bestätigte außerdem der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Eckhard Cordes, die deutschen Russland-Exporte seien im vergangenen Jahr um rund 18 Prozent eingebrochen – ein Verlust von sechs Milliarden Euro; da Russland seine Importe aus China und Lateinamerika steigere, sei die deutsche Marktstellung dort auf Dauer stark gefährdet.

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