Journalistik von heute: Objektivität oder Lager-Politik?

Im Internet hat ein Witz eine Runde gemacht, erzählt der Politologe Oleg Wedutow. Eine Frau, die die Ereignisse in der Ukraine beobachtet hat, sagt: Ich bin Tochter des Offiziers aus der Krim, ich kann ihnen sagen, alles ist nicht so einfach. Jetzt sagen alle Augenzeugen in den Medien, alles ist nicht so einfach. Ich kann ihnen sagen, es gibt überhaupt keine Wahrheit. Wenn man ihnen die Wahrheit sagt, laufen sie weg.

Mittlerweile ist auf dem Schlachtfeld des Informationskrieges die Wahrheit fast Religion geworden. Die Meinungen werden im Laufe der Ukraine-Krise extrem polarisierter. Es ist auch häufig so, dass die Journalisten die Propaganda enthüllen, indem sie eigene Propaganda berichten. Mit wem man ein Interview macht, hängt davon ab, was man hören will und so weiter. Das war aber immer schon so. Die Soziologin Olesja Koltzowa beobachtet, wie über die Situation rund um die Ukraine im Internet berichtet wird.

„Es kommt zu einer Polarisierung der Berichterstattung im Internet. Während man früher einfach eine andere Meinung hatte und eher zurückhaltend war, ist man heute Vertreter dieses oder jenes Lagers geworden. Freiwillig oder vielleicht auch nicht. Das ist eine sehr traurige Tendenz, denn während man früher diskutieren konnte, ist es jetzt schon nicht möglich. Es gibt auch immer weniger Internet-Quellen, wo man eine objektive Information finden kann.“

Man könnte es nicht ernst nehmen, aber der Informationskrieg bleibt ein Krieg. Das ist ein Wettbewerb der Propaganda, Überzeugung und Werte. Bei der Polarisierung geht es nicht mehr um die Qualität der Info, sondern um ihre Wirkung. Im Unterschied zu einem Kreuzzug wird es nicht mit dem Schwert gesprochen, sondern erst mal mit dem Wort.

„Wenn wir uns die Geschichte der internationalen Konflikte anschauen, sehen wir viele Beispiele für einen Informationskrieg. Was daran positiv ist, dass durch solche Art von Krieg, die echten Bombardierungen bislang ersetzt werden. Ich unterhalte mich mit ausgebildeten Ukrainern, die im Internet verschiedene Quellen auf verschiedenen Sprachen lesen, um zu verstehen, wies es in Wirklichkeit aussieht.“

Die Propaganda ist kein Krieg der Journalisten, sondern das ist ein Krieg durch Journalisten. Mithilfe von Medien werden die Meinungen eingesprochen, die später zu Werten werden. Es wäre wahrscheinlich zu naiv zu glauben, dass der Staat gegen sich berichten wird. Die Meinungen werden durch Werte verschiedener Völker geteilt, doch es gebe auch Werte, die für alle gelten, meint der russische Journalist Wladimir Mamontow.

„Ich habe einmal den amerikanischen Ex-Botschafter Burns gefragt, wie die Amerikaner es schaffen, Doppelstandardpolitik zu führen. Der Ex-Botschafter sagte: Wir haben keine Doppelstandards, wir haben so viele Standards wie nötig, um unsere nationale Interessen zu sichern. Wir, alte Hasen, wundern uns schon nicht mehr über die Aussagen über Redefreiheit und so weiter. Es gibt aber die allgemeinen Werte, für die man kämpfen sollte.“

Der erste, der im Informationskrieg stirbt ist der echte freie Journalismus, so Wladimir Mamontow. Es ist deswegen empfehlenswert, die Infos aus unterschiedlichen Quellen auf verschiedenen Sprachen zu vergleichen und sich nicht polarisieren lassen. Ansonsten sagen alle Töchter von Offizieren auf der Krim in den witzigen Augenzeugenberichten, alles sei nicht so einfach, es sei doch nicht so einfach.

Nikita Miroschnitschenko Stimme Russlands

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