Hundert Jahre Einsamkeit für Zeitbombe

Eine Menge von 200 000 Tonnen kann, relativ betrachtet, viel und wenig bedeuten. Das ist etwa doppelt so viel wie es auf der Erde abbaubare Goldvorkommen geben soll.

Leider ist hier nicht das gülden leuchtende Edelmetall zu gewichten.

Heuer werden wir erneut an das Gegenteil in Sachen Beständigkeit erinnert, an strahlenden Müll. Erst vor zehn Tagen war aus Russland zu vernehmen, man wolle für den – nur von einer sehr kleinen Minderheit begehrten – Stoff ein vor terroristischen Diebstählen gesichertes Endlager in Sibirien errichten. Kapazität: 10 Prozent der erstgenannten Tonnage des Weltvorkommens an nuklearen Abfällen.

Viel weiter im Westen, in der schwarzbödigen Ukraine, beschäftigt sich die Weltgemeinschaft mal wieder mit den „nur“ 200 Tonnen des Materials, das so überaus mit seiner Selbstzerstrahlung beschäftigt ist. Was das Material genau mit sich vorhat, weiss nur die Physik alias Natur. Wissenschaftler haben wenigstens keine Ahnung davon, was sich im Reaktor und den 200 Tonnen Strahlenmüll konkret abspielt.

Der bisherige Schutzmantel, auch ehrfürchtig Sarkophag genannt, hat Risse bekommen und das Dach senkt sich bereits. Weiterhin scheint erkannt zu sein, dass eine Folge-Havarie den Ausstoß an Mikrosägen aus dem Jahre 1986 überschreiten wird.

Da ist es beruhigend zu vernehmen, dass die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) am 15.März bekanntgab, dass 2006 mit dem Bau von „Schild 2“ begonnen werden soll.

Die Gesamtkosten von 758 Millionen Dollar trägt überwiegend die Internationale- Tschernobyl-Stiftung „Schild“. Hundert Jahre soll der neue Mantel halten.

Keine ganz seriöse Rechnung, aber wenn man die 758 Mill. $ durch 200 t teilt ergibt das Kosten von 3,79 Millionen $ pro Tonne. Damit sich der Kreml nicht verrechnet: er will im Endlager Sibirien nur eine Million pro Tonne kassieren, wie jüngst der Staatschef in Krasnojagorsk vor Studenten ausplauderte.

Die Umweltschutzorganisationen, denen Putin 25 Prozent der Gewinne in Aussicht stellte, sollten aufpassen, dass sie nicht an den Zusatzkosten des Projektes vertraglich beteiligt werden.

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