Gaidar-Forum 2016 – Gref: Steinzeit ging nicht zu Ende, weil es keine Steine mehr gab

Der Chef der russischen Sparkasse, German Gref, meint, dass das Modell der Bildung in Russland eine radikale Veränderung braucht. Das erklärte er heute  auf dem Gajdar Forum-2016, das gemeinsam von der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Staatsdienst (RANChiGS) und vom Gaidar-Institut organisiert wird.

„Das Bildungsmodell muss vom Kindergarten bis zur Hochschule grundlegend verändert werden“, forderte Gref. Seiner Meinung nach ist dieser Umbau längst überfällig.

„Wir versuchen immer noch, das alte sowjetische, heute aber untaugliche System der Bildung zu reproduzieren. Wir stopfen die Kinder mit jeder Menge Wissen voll, anstatt Schwerpunkt orientiert zu unterrichten“, gab Gref zu bedenken.

Der Wirtschaftsexperte an der Spitze der größten Bank Russlands machte aber zugleich deutlich, dass er nicht an die Effektivität von Online-Bildung glaubt.

Als fatal bezeichnete German Gref den «Export von Denken» aus Russland und rief dazu auf, diese Entwicklung einzudämmen und vor allem gut bezahlte Arbeitsplätze und interessante Aufgaben für talentierte und aussichtsreiche junge Absolventen, zu finden.
Wir zählen nicht, wie viel Wissen wir im Jahr kostenlos exportieren, ich fürchte, es ist eine riesige Menge. Das Schlimmste daran ist,  dass es leider ein Export für immer ist“, klagte Gref.

Aber gerade jetzt, bei der strukturellen Umgestaltung der Wirtschaft, benötige Russland jeden klugen Kopf. So würden neue Ideen gebraucht, um von der unheilvollen Abhängigkeit Russlands vom Öl- und Gasexport loszukommen. Denn das Jahrhundert des Erdöls und die Ära der fossilen Brennstoffe gehe vor dem Hintergrund der ungestümen Entwicklung der alternativen Energien und Technologien zu Ende, stellte Gref fest.

„Man kann sagen, dass die Zeit der Kohlenwasserstoffe als Energieträger abgelaufen ist. Die Steinzeit ist nicht zu Ende gegangen, weil es plötzlich keine Steine mehr gegeben hätte. Genauso kann man sagen, dass auch die Epoche des Erdöls schon Vergangenheit ist. Es wird ein Rest bleiben, für vielleicht zehn Jahre“ meinte der Vorstandsvorsitzende der Sberbank.

Bereits jetzt habe Russland an Wettbewerbsfähigkeit in der Welt eingebüßt, weil die Anpassung der Wirtschaft an die neuen Bedingungen nicht rechtzeitig in Angriff genommen worden sei, sagte der ehemalige Wirtschaftsminister.

„Jene Länder, die ihre Wirtschaft, ihr soziales System nicht adaptiert haben, werden kolossal verlieren“, befürchtet Gref. „Und die Schere zwischen jenen, die den Anschluss geschafft haben und jenen, die zurückgeblieben sind, wird größer werden als in allen vorangegangenen Epochen großer Umwälzungen“, prognostizierte er.

EU signalisiert mögliche Aufhebung der Sanktionen

Nachdem bereits der russische Premier Dmitrij Medwedjew bei seiner Grundsatzrede auf dem Gaidar-Forum die Bereitschaft Russlands erklärt hatte, „die normale Zusammenarbeit mit den Staaten der Europäischen Union wieder herzustellen“, bestätigte auch die Vizepräsidentin der EU- Kommission, Kristalina Georgiewa, auf der Veranstaltung das Interesse der Europäischen Union, an einer „Überprüfung der Sanktionen“. Sie stellte fest, dass bei der Realisierung der Minsker Abkommen Fortschritte sichtbar sind, deshalb könnte in einigen Monaten die Möglichkeit einer Revision der Sanktionen in Betracht gezogen werden.

Erst Ende vergangenen Jahres hatte die Europäische Union die Sanktionen gegen Russland bis zum 31. Juli 2016 verlängert. Das erste Paket der Sanktionen des EU-Landes war im Frühjahr 2014 im Zusammenhang mit dem Beitritt der Krim und der Situation in der Südost-Ukraine beschlossen worden.

Die Europäische Union sagt zu, betonte auch die Brüsseler Beamtin, die Sanktionen nach der Umsetzung der Minsker Abkommen durch die russische Seite aufzuheben. Zu diesen Vereinbarungen gehört, wie die Bulgarin noch einmal erinnerte, die Sicherung der territorialen Grenzen der Ukraine.
(Hartmut Hübner/russland.ru)

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