Fukushima schlimmer als Tschernobyl

Die wirtschaftlichen Folgen der Atomkatastrophe in Japan werden nach Ansicht des Atomexperten Mycle Schneider Tschernobyl „bei weitem überschreiten“. Welche Folgen Fukushima für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen haben werde, sei noch „schwer zu sagen“, sagte Schneider der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Der Träger des alternativen Nobelpreises von 1997 rechnet aber mit gravierenden wirtschaftlichen Folgen.

In dieser Hinsicht sei Fukushima „das Zigfache“ des Tschernobyl-Unfalls von 1986, „tiefgreifender und katastrophaler“. Die Entsorgung großer Mengen verstrahlten Löschwassers, die Verseuchung von Fischbeständen und Ernteausfälle in der für die Reisproduktion wichtigen Präfektur Fukushima seien nur einige der Schäden.

Die Atomkraft sieht Schneider am Ende. „Schon vor Fukushima war die Kernenergie ein Auslaufmodell“, sagte der Berater der rot-grünen Bundesregierung beim Atomausstieg. Atomenergie „war nie eine Brückentechnologie, das war eine Barrierentechnologie“, weil selbst in Deutschland, wo mehr Geld als in jedem anderen Land in erneuerbare Energien investiert worden sei, der Anteil dieser am Stromsektor nur 17 Prozent betrage. Das sei eine Folge der Unvereinbarkeit von klassischen und erneuerbaren Energien im bisherigen Marktmodell.

Wer es ernst meine mit erneuerbaren Energien und Effizienz, der müsse das alte Marktsystem, das „Kilowattstunden auf den Verbraucher runterregnen lasse“ und „strukturelle Überkapazitäten“ schaffe, „komplett umstülpen“, sagte Schneider AFP. Dazu müssten die „Kriterien völlig geändert werden“. „Das Kriterium ist heute nach wie vor: ein Barrel Öl, ein Kubikmeter Gas und eine Kilowattstunde möglichst billig zu bekommen.“ Das eigentliche Kriterium aber müsste die Energiedienstleistung zu „vernünftigen Preisen“ auf nachhaltige Weise sein.

Einen Umstieg auf erneuerbare bis spätestens 2020 hält Schneider für möglich. Während des Atom-Moratoriums der Bundesregierung seien „mal eben acht Reaktoren“ vom Netz genommen worden „und es passiert gar nichts“. „Die strukturellen Überkapazitäten in einem Land wie Deutschland sind gigantisch“, sagte Schneider. Deutschland sei nach wie vor „Netto-Stromexporteur“. Vor allem seien bisher erneuerbare Energienquellen dazugebaut worden, und andere Kapazitäten nicht abgestellt worden. Das habe zu der „Barrieren-Situation“ geführt.

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