„Fast eine Gewohnheit“ – Russen spenden gern© Mitja Aleschkowski

„Fast eine Gewohnheit“ – Russen spenden gern

Im vergangenen Jahr spendeten Nutzer russischer sozialer Netzwerke über 122 Millionen Rubel (knapp 1,4 Millionen Euro) für wohltätige Zwecke. Darüber berichtet Kommersant unter Berufung auf den Bericht der Mail.ru Group (die Mail.ru Group betreibt einige große russische Webseiten). Der Gesamtbetrag der Spenden auf dem Server Dobro Mail.ru überschritt 99 Millionen Rubel (fast 1,2 Millionen Euro) was 31 Prozent mehr als im Vorjahr 2019 ist. Mit diesem Geld wurden 369 wohltätige Projekte unterstützt. Und auch diese Zahl ist höher (um 15 Prozent) als ein Jahr zuvor. Gleichzeitig stiegen die regelmäßigen Spenden – also Gelder, die automatisch an einem bestimmten Tag vom Bankkonto abgebucht werden – im vergangenen Jahr um 23 Prozent. Im Jahr 2020 gingen insgesamt über eine viertel Million Spenden ein.

Der durchschnittliche Betrag betrug 500 Rubel (5,5 Euro), was ein Plus von 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Spenden über Dobro Mail.ru (Dobro heißt auf Russische „Die Güte“, „Gute Taten“) werden alle zwei Minuten getätigt.

Die Spenden zur Unterstützung schwerkranker Menschen haben sich mehr als verdoppelt, während die Sammlungen für ältere Menschen um 19 Prozent gestiegen sind.

Nutzer des sozialen Netzwerks VK (das einst von Pawel Durow gegründete VK ist das beliebteste russische soziale Netzwerk, ist inzwischen mehrsprachig und hat über 100 Millionen Nutzer) haben durch die Möglichkeit, regelmäßig über das Bezahlsystem VK Pay an verifizierte Stiftungen zu spenden, fast 21 Millionen Rubel (über 133.000 Euro) gespendet.

Wohltätigkeitsexperten erklären dieses Phänomen damit, dass die Covid-19-Pandemie eine Zunahme von Sympathie und Mitgefühl bei den Bürgern hervorgerufen hat. Außerdem wurden wegen des Lockdowns Gelder bei Unternehmen frei, das sie ursprünglich für Teamaktivitäten ausgeben wollten. Und sie geben es aus, um den Bedürftigen zu helfen. „Diejenigen, die eine stabile Situation hatten, sahen es als ihre Pflicht an, mit denen zu teilen, denen es schlechter ging“, sagt Ekaterina Kurbangalejewa, Direktorin des Meinungsforschungsinstituts „Spezielle Meinung“. Die Teilnahme an Wohltätigkeitsveranstaltungen ist in Russland noch nicht zur Norm geworden, aber sie ist bereits eine „Gewohnheit“. „Wir können sagen, dass unsere Gesellschaft allmählich erwachsen wird, vor allem zeigt sie einen aktiveren Wunsch, schwerkranken Erwachsenen und älteren Menschen zu helfen“, so Kurbangalejewa. „Andererseits zeigen Umfragen, dass die Hilfe durch reale Aktionen noch nicht so weit verbreitet ist. Wenn man den Leuten alle Möglichkeiten der Freiwilligenarbeit aufzählt – von der Hilfe mit Geld über das Reposting bis hin zur persönlichen Übergabe eines Lebensmittel- oder Medikamentenpakets an eine ältere Person – entscheiden sie sich in erster Linie für die Hilfe über das Internet, also das Reposting, dann das Geld und erst dann für eine Handlung“.

[hrsg/russland.NEWS]

 

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