Explosionen, Gas, Schüsse – und eine Finte für die Medien

St. Petersburg – Der 16-stöckige Wohnblock wurde abgeriegelt, die unbescholtenen Bewohner konnten ihn frei verlassen, aber nicht mehr hinein. Später wurden aus einem Kleinlaster auch Sandsäcke abgeladen – offenbar waren im Innern des Hauses Barrikaden im Bau. Belagert wurde eine Wohnung im 10. Stock – angeblich ein Versteck von Terroristen aus dem Kaukasus. Was genau im Innern des Hauses vor sich ging, blieb auch den zahlreich angerückten TV-Teams verborgen. Zweimal waren kleinere Explosionen zu hören, auch Schüsse. Einige Scheiben gingen zu Bruch, auf Balkonen sah man Personen in ABC-Schutzkleidung. Nach Informationen von fontanka.ru sollen die Einsatzkräfte durch ein in die Etagendecke gebohrtes Loch Gas in die verdächtige Wohnung geleitet haben – was aber offenbar keine nennenswerte Wirkung auf den Widerstandswillen der Verdächtigen hatte.

Ein offenbar verletzter Beamter einer Spezialeinheit wurde auf einer Trage herausgetragen und in einen Krankenwagen verfrachtet – wie später bekannt wurde, war dies lediglich ein Ablenkungsmanöver für die Medien, denn in diesem Moment wurde offenbar die Wohnung gestürmt.

Nach Angaben des Ermittlungskomitees eröffneten die Bewohner der Wohnung beim Sturm das Feuer auf die Spezialkräfte, die zurückschossen. Dabei wurden die vier dort anwesenden Menschen erschossen. Opfer und Verletzte unter den sonstigen Hausbewohnern und den Einsatzkräften habe es nicht gegeben.

Waffenarsenal sichergestellt

Gegen Abend veröffentlichte das Anti-Terror-Komitee eine Videosequenz, die das in der Wohnung gefundene Waffenarsenal zeigen soll: Zwei Kalaschnikows, zwei Pistolen, Munition und Magazine und Gegenstände, die als selbstgebaute Bomben bezeichnet wurden. Drei der vier Getöteten seien inzwischen identifiziert. Es handele sich um Angehörige des terroristischen Untergrunds in der Kaukasus-Teilrepublik Kabardino-Balkarien. Sie seien dort in der Vergangenheit an Anschlägen auf Angehörige der Sicherheitsorgane und der Staatsanwaltschaft beteiligt gewesen.

Die gut in Polizeikreisen vernetzte Webzeitung fontanka.ru bringt den Zugriff auf die konspirative Wohnung in St. Petersburg in Zusammenhang mit der nur drei Tage zurückliegenden Tötung des als kabardino-balkarischen Terroristen-Anführers geltenden Chisir Lichow. Er wurde nach Behördenangaben am 14. August bei einem Feuerangriff auf einen Kontrollposten der Verkehrspolizei im Kaukasus erschossen. Offenbar sei es den Terrorfahndern danach gelungen, dessen Mitstreiter im 2000 Kilometer entfernten St. Petersburg zu lokalisieren.

Darüber, ob die mutmaßlichen Terroristen sich dorthin nur zurückgezogen hatten oder an der Newa einen Anschlag planten, gibt es bislang keine Informationen.

[ld/russland.RU]

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