Erster Skisprung-Weltcup: Nischni Tagil hat die Probe bestanden

Nischni Tagil – Erstmals in der Geschichte des Skisprung-Zirkus ging es am Wochenende in den Ural. Deutsche Medien sprachen von „Sibirien mit zweistelligen Minustemperaturen“ – Fakt ist: Nischni Tagil liegt im Ural, also an der Grenze zwischen Europa und Asien, und sooo tierisch kalt war es denn nun auch nicht: lockere minus zwei, dafür endlich mal richtiger Naturschnee, der sich an anderen Austragungsorten der noch jungen Saison bisher rarmacht.

Der deutsche Bundestrainer Bernd Schuster war begeistert von dem auf modernen Standard getrimmten Sprungpark, in dem gleich vier Schanzen verschiedener Größe nebeneinanderstehen. „Das ist eine wahnsinnig tolle Schanzen-Anlage. Am liebsten würde ich die einpacken und mitnehmen“, schwärmte Schuster lauf ZDF vor dem Beginn der Wettkämpfe.

Auch Severin Freund hat sich ad hoc mit der neuen Großschanze angefreundet – beim ersten Springen am Samstag holte er hinter dem Norweger Anders Fannemel, der zugleich mit 134 Metern den ersten Schanzenrekord setzte, und Weltcup-Rekordsieger Gregor Schlierenzauer aus Österreich den dritten Platz. Am Sonntag stand er ganz oben auf dem Siegertreppchen – wegen widriger Windverhältnisse entschied die Jury, den zweiten Durchgang abzubrechen, den ersten hatte Freund gewonnen. Ihm folgten Fannemel und Stefan Kraft, der mit 138 Metern einen neuen Schanzenrekord aufstellte, der lange halten wird, so riskant und schwer, wie er zu stehen war.

Schanze gut – Athleten durchwachsen

Für den Norweger Fannemel war es am ersten Wettbewerbstag der erste Weltcup-Sieg in der Karriere überhaupt. Auch er lobte die Schanze im Ural in den höchsten Tönen: „Nischni Tagil ist ein praktisch idealer Ort für den Wettkampf“, sagte Fannemel am Samstag gegenüber „Wes sport“. „Ich war schon im letzten Sommer hier, hier sind die Bedingungen wunderbar. Alles läuft glatt und ohne Probleme.“ Indes waren Skisprung-Größen wie Roman Koudelka (Tschechien), Simon Ammann (Schweiz) und Noriaki Kasai (Japan) nicht angereist. Gesamtweltcup- und Olympiasieger Kamil Stoch aus Polen ist verletzungsbedingt noch gar nicht in die neue Saison gestartet.

Aus russischer Sicht gab es beim ersten Springen am Samstag einen 16. Platz für Wladislaw Bojarinzew, den bisher besten russischen Springer dieser Saison, und Rang 17 für Altmeister Dmitri Wassiljew, der nach einer Knie-Operation und wiederholten Rückenproblemen zum ersten Mal in diesem Winter antrat. Am Sonntag setzte Wassiljew seinen zweiten Versuch „in den Sand“ (in den Schnee), aber wegen des Abbruchs zählte der erste Versuch, der Rang 16 bedeutete. Bojarinzew bewies ein weiteres Mal seine Konstanz und ging als 14. aus dem Wettbewerb.

Ungeachtet der eher durchwachsenen Ergebnisse der eigenen Leute sorgte das sehr zahlreich am Hang des Bergs Dolgaja erschienene Publikum für allerbeste Stimmung. Im Schnitt sollen pro Wettkampftag etwa 12.000 Menschen den Weg an die Schanze gefunden haben. Wie die Organisatoren betonen, können den bisher drei Tribünen problemlos weitere hinzugefügt werden – der Platz erlaubt es. Ob dies geschieht, hängt auch davon ab, ob Nischni Tagil zu einem festen Austragungsort für Weltcups wird.

Fazit des Skisprung-Wochenendes: So schön die neue Anlage auch ist, hat sie (natürlich) die gleichen Schwächen wie viele andere – die Windanfälligkeit. Im ersten Durchgang gab es sage und schreibe drei Stürze, von denen aber wohl nur der von Dawid Kubacki auf den starken Seitenwind zurückzuführen ist. Marat Shuparov und Klemens Muranka konnten sich wegen Problemen bei der Landung nicht auf den Skiern halten. Experten merken an, dass die Großschanze in Nischni Tagil Probleme beim Ausfahren nach der Landung bereitet. Möglicherweise liegt das aber auch schlicht und einfach daran, dass sich die Athleten erst an die neuen Bedingungen gewöhnen müssen.

[sb/russland.RU]

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