Eine Kolumne von Daria Boll-Palievskaya. Heute: Und sind auch in Sachen Höflichkeit großzügig

[von Dr. Daria Boll-Palievska] Die spinnen, die Russen. Sie essen Eis bei minus 30 Grad, trinken Wodka aus der Flasche und schlagen sich gegenseitig mit Birkenzweigen in der Sauna. Das weiß ja jedes Kind. Und die russischen Touristen sind die Schlimmsten. Das ist ja inzwischen auch jedem Kind bekannt. Ein Grund für das russische Außenministerium so eine Art „Knigge fürs Ausland“ herauszugeben. Die Konsulat Abteilung hat neulich einen kurzen Ratgeber für das Benehmen in mehr als 50 Ländern veröffentlicht. Dort wird z.B. empfohlen, die einheimische Bevölkerung mit Respekt zu behandeln, die Nationalküche nicht zu kritisieren, Kraftausdrücke zu vermeiden, nicht mit Händen wild zu gestikulieren und natürlich auch den Alkoholkonsum zu mäßigen.

Das ist alles schön und gut, aber wie ist es eigentlich umgekehrt? Wie soll man sich richtig in Russland benehmen, um nicht aufzufallen oder gegen ungeschriebene Regeln zu verstoßen geschweige denn nicht von der Polizei „angesprochen“ zu werden? Ein populärer Radiosender hat die Broschüre vom Außenministerium zum Anlass genommen, um dieser Frage nachzugehen. „Leute, ruft an und sagt mir, was würdet ihr einem ausländischen Touristen raten?“, wollte der Moderator wissen. Doch alle Anrufer schienen seine Frage gar nicht verstanden zu haben. Alle erzählten über ihre Erlebnisse im Ausland, darüber, wie peinlich die russischen Touristen sind oder über Besonderheiten der Sitten in exotischen Ländern. Im Laufe einer Stunde kam kein einziger Tipp, worauf man in Russland achten sollte.

Vielleicht ist es die russische Bescheidenheit und die sprichwörtliche Gastfreundlichkeit: man gibt dem Gast keine Ratschläge, wie er sich zu benehmen hat. Man nimmt sein Verhalt einfach hin. Nur so kann ich mir auch erklären, dass der Ausdruck „Na zdorowje!“ überlebt. Die meisten Deutschen sind davon überzeugt, dass das der typische russische Trinkspruch ist. Deutsche Touristen geben ihn zum Besten sobald sie den russischen Boden berührt haben. Und kein einziger ist jemals korrigiert worden! Obwohl dieser Spruch so wenig mit der russischen Trinkkultur zu tun hat wie die feste russische Überzeugung, dass Bier in Deutschland überall in großen Bierkrügen getrunken wird, den deutschen Bierkultur entspricht. (Sieh ausführlicher auf russland.news: Top5: Russische Wodka-Regeln [Video]). Gut, dass es sich inzwischen rumgesprochen hat, dass man die leeren Wodkagläser nicht unbedingt auf den Boden schmeißen sollte.

Natürlich kann man in unzähligen Ratgebern über Russland nachlesen, welche Do`s & Dont`s es dort gibt. Leider scheinen einige Autoren bei einander abgeschrieben zu haben, und ihre Tipps haben nur bedingt mit der Wirklichkeit zu tun. Was sagen aber die Russen über sich selbst? Das russische Netz zeigt sich zu diesem Thema nicht besonders großzügig. Ich fand dort „10 Benimmregeln für Ausländer in Russland“, die sich auf etlichen Internetseiten wiederholen.

Hier einige davon:

  • Man darf zu Besuch nicht mit leeren Händen kommen.
  • Auf die Kosten der Eltern macht man keine Witze (aber über Minderheiten etc. bitte schön)
  • In Russland ist es schwierig, overdressed zu sein.
  • In Restaurant zahlt immer der Mann.
  • Ein Mann muss einer Frau immer eine schwere Tasche abnehmen.
  • In privaten Wohnungen werden immer die Straßenschuhe ausgezogen
  • . “Na zdorowje!“ ist kein Trinkspruch! Na Gott sei Dank!

Schade nur, dass diese Ratschläge nur auf Russisch zu lesen sind. Doch keine Bange, wenn Sie in Russland etwas falsch machen, werden Sie es ja sowieso nicht merken. Denn die Russen belehren ihre Gäste nicht.

Daria Boll-Palievskaya – russland.NEWS

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