Die UEFA-Woche: Fußball-Krimis auf russische Art

[Von Susanne Brammerloh] – In der ausgehenden Woche hat die Gruppenphase der Champions League und der Europa-Liga begonnen. Die vier russischen Klubs konnten sich von Tag zu Tag steigern – erst wurde Rostow von Bayern mit 5:0 windelweich geklopft, dann erkämpfte sich ZSKA in Leverkusen ein bravuröses 2:2; Zenit lieferte dann mit 4:3 gegen Maccabi den ultimativen Krimi – und Krasnodar rundete die Sache mit 1:0 gegen Salzburg ab.

Rostow kann´s besser als Werder – nur 0:5 gegen die Bayern

Das war ein gewöhnlicher Mord“, schrieb „Sport-Express“ nach dem CL-Debütspiel von Rostow am Dienstag in der Allianz-Arena. Und: „Bayern hat Rostow vernichtet!“ Am Tag vor dem Match hatte die entsprechende Headline gelautet: „Sie gehen dem Tod entgegen…“

Abseits der blutrünstigen Journalistensprache ist allerdings zu konstatieren: Warum sollte Rostow, das kaum locker-flockig Einzug in die europäische Königsklasse halten konnte (die Nerven, die Nerven, die Knie schlottern eben doch ein bisschen – siehe einst Zenit gegen Real oder eben diese Bayern), eine bessere Figur machen als unlängst mal wieder Werder Bremen auf demselben Platz – die Hanseaten von der Weser kassierten allerdings sechs Buden. Also Rostow: Kopf hoch – something´s still to come…

Eine Meisterleistung war die Begegnung auf beiden Seiten nicht. Die Gäste stellten sich über weite Strecken dämlich an, die Bayern spazierten mehr oder weniger übers Feld und sammelten das ein, was der Gegner liegenließ. Rostows Mittelfeldmann Timofej Kalatschow kommentierte nach dem Spiel gegenüber der UEFA-Webseite: „War haben heute nicht unseren Fußball gespielt. Bis wir das Tor bekommen haben, war Bayern nervös und konnte nichts machen, deshalb war es leichter für uns. Dann liefen wir los nach vorn, und darauf hatten die Deutschen nur gewartet.“

ZSKA bei der Werkself: Eine halbe Stunde Albtraum

Genau 24 Stunden nach der Klatsche in München war der aktuelle russische Meister ZSKA Moskau zu Gast bei Bayer Leverkusen. Trotz der vorgerückten Abendstunde herrschten 28 Grad Hitze auf dem Platz, auf dem es denn auch äußerst heiß zur Sache ging. Schon nach 15 Minuten lagen die „Armeekicker“ 0:2 hinten, und dem wohlmeinenden Zuschauer schwante nichts Gutes. „ZSKA sieht albtraumhaft aus“, kommentierte ein russischer Sportjournalist das Geschehen. Hätte Keeper Igor Akinfejew nicht so großartig agiert – wer weiß, ob die Sache nicht ein Double des Münchner Vortags geworden wäre. Akinfejew wurde nach dem Spiel übrigens zum „Man oft he Match“ gekürt.

Dabei hatte man gedacht, ZSKA wird den von Rostow in Schieflage gebrachten Haussegen schon wieder zurechtbiegen. Dafür sprachen drei Fakten: Die Moskauer hatten gerade ihr nagelneues Stadion mit einem überzeugenden Sieg in der heimischen Premierliga eingeweiht; der Gegner war nicht annähernd so „kosmisch“ wie die Bayern; und die reife Erfahrung der Mannschaft auf europäischer Bühne gab Anlass zu Optimismus.

Vielleicht war gerade Faktor drei der Grund dafür, dass ZSKA am Ende des dramatischen Matches erhobenen Hauptes und mit einem verdienten Unentschieden das Feld verließ. Beide Tore für die Russen fielen noch in der ersten Halbzeit, und das innerhalb von zwei Minuten (36. und 38.) – nach einem Supersave von Akinfejew gelang Alan Dsagojew im unmittelbaren Gegenzug der Anschlusstreffer; Roman Jeremenko schlenzte die Kugel anschließend durch die Hosenträger von Bayer-Keeper Bernd Leno.

Während die offizielle UEFA-Seite moniert, Bayer hätte „das Spiel aus der Hand gegeben“ und „wichtige Punkte liegengelassen“, sagte ZSKA-Cheftrainer Leonid Sluzki auf der Pressekonferenz nach der Begegnung: „Wir haben unsere Konkurrenzfähigkeit bewiesen.“

Zenit dreht in 15 Minuten ein 0:3 zum Sieg

Wer dachte, ZSKA hätte die Heldentat der Woche vollbracht, wurde Donnerstagabend eines Besseren belehrt – Zenit St. Petersburg ließ sich am ersten Spieltag der Europa League beim eher „machbaren“ Gegner Maccabi Tel-Aviv an der Nase herumführen und lag 15 Minuten vor Schluss so gut wie hoffnungslos mit 0:3 hinten.

Und am Ende stand es 4:3 für den russischen Traditionsverein – wie sie das wohl geschafft haben? An allen vier Treffern war übrigens Neuling Giuliano beteiligt – nach Hulks Abgang nach China hat Petersburg also wieder ein brasilianisches Wunderkind. Aber die Art und Weise, wie dieser Sieg „errungen“ oder besser: sich abgerungen wurde, zeugt natürlich nicht von fußballerischer Reife, sondern sieht eher wie eine riesengroße Lachnummer aus.

Dass Krasnodar im Anschluss bei Salzburg ein bescheidenes 1:0 mitnehmen konnte, gehört dann schon in die Kategorie „Alltagsgeschäft“.

[Susanne Brammerloh/russland.NEWS]

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