Die Oberste Rada bestätigte die neue Regierung der Ukraine

Es ist vollbracht. Nach wochenlangem Gezerre und vergeblichen Anläufen  und erheblichem Druck aus dem Westen hat das Parlament der Ukraine heute die neue Regierung des Landes unter dem 38jährigen Ministerpräsidenten Wladimir Groisman bestätigt.

Wie die russische Nachrichtenagentur Interfax mitteilte, stimmten 239 Abgeordnete für das neue Kabinett. Da die Koalition aus der Präsidentenpartei „Block Petro Poroschenko“ und der rechtskonservativen Nationalen Front nur über 216 der 450 Stimmen verfügt, für die Bestätigung der neuen Regierung aber 226 Stimmen notwendig waren, gab es in den vergangenen Tagen hinter den Kulissen heftige Buhlereien um Abgeordnete anderer Fraktionen und fraktionslose Deputierte.

Mit welchen Versprechungen die zusätzlich erforderlichen Stimmen geködert wurden und wie tragfähig diese Parlamentsmehrheit in der Tat ist, wird sich bei den nächsten Abstimmungen zu Schlüsselfragen herausstellen. Dazu gehören vor allem die Verfassungsreform mit den Autonomiebestimmungen für die Separatistengebiete in der Ostukraine und das Wahlgesetz für ebendiese Region.

Weder die bisherige Regierung des nur unter Protest zurückgetretenen Premiers Jazenjuk, noch das ukrainische Parlament hatten auch nur einen der Punkte der Minsker Vereinbarungen vollständig erfüllt. Da bisher ebenfalls Präsident Poroschenko seine Unterschrift unter Dokumente zur Regulierung der Situation um die abtrünnigen Gebiete zurückhält, bleibt abzuwarten, wie es der neuen Regierung unter dem jungen Premier gelingt, die Weichen für eine friedliche und von allen Seiten akzeptierte Lösung des Konflikts im Osten des Landes zustande zu bringen.

Ebenso wichtig ist es aber, die Forderungen des Westens nach politischen und wirtschaftlichen Reformen zu erfüllen. Ganz ober steht hierbei der Kampf gegen die allgegenwärtige Korruption. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, inwieweit es den mächtigen Oligarchen gelungen ist, ihre Gefolgsleute auf einflussreiche Posten im Regierungsapparat zu hieven.

Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den Rücktritt des ehemaligen  ukrainischen Wirtschaftsministers Abramovicius vor wenigen Wochen mit der Begründung, dass er seinen Reformkurs unter dem Druck der Oligarchen und ihrer Helfer in der Regierung nicht umsetzen konnte.

Allerdings hat unter anderem IWF-Direktorin Christine Lagarde erklärt, dass die Ukraine nun endlich Reformergebnisse vorweisen müsse, wolle man weiter finanzielle Unterstützung erhalten. Die bisherigen Resultate sind nicht angetan, an einen baldigen Aufschwung der ukrainischen Wirtschaft zu glauben. Trotz Freihandelsabkommens mit der EU sind die Exporte der Ukraine im letzten Jahr um 23 Prozent zurückgegangen, nach Russland um 50 Prozent.

Nicht nur aus diesem Grund ist das dritte große Problem, vor dem die neue ukrainische Regierung steht, die zukünftige Gestaltung der Beziehungen zu Russland. Auch im Westen scheint man jetzt zu begreifen, dass eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung der Ukraine ohne normale Beziehungen zu Russland nicht möglich ist.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat heute in seiner groß angelegten Frage-und Antwort-Runde mit der Bevölkerung seine Bereitschaft erklärt, mit dem neuen Kabinett in Kiew alle anstehenden Fragen zu klären, denn man sehe die Ukrainer nach wie vor als „Brudervolk“ an.

Der neue Ministerpräsident steht mit seinen Ressortchefs und Mitarbeitern vor  einem riesigen Berg ungelöster Aufgaben, den ihn sein eitler und beratungsresistenter Vorgänger hinterlassen hat. Helfen könnte Groisman zunächst, dass er als ein Mann Poroschenkos gilt. Die beiden kennen sich aus Winniza, einem regionalen Zentrum im Süden der Zentralukraine. Groisman war dort erfolgreicher Bürgermeister und Poroschenko eröffnete dort seine erste Schokoladenfabrik „Roschen“. Auch einige der jetzt bestallten Minister hat der neue Regierungschef aus seiner Heimatstadt mitgebracht.

Inwieweit ihm das hilft, seine Regierung zu einer effektiven Arbeit im Interesse eines Landes am Rande des Ruins zu führen, wird sich bald zeigen.
(Hartmut Hübner/russland.RU)

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