Die Eigendynamik des Umsturzes

Nach den Wahlen in der Ostukraine entflammt die Diskussion über die Russland-Sanktionen der EU erneut. Während Teile des Polit-Establishments auch in Berlin sich für ihre Verschärfung aussprechen, plädieren andere dafür, neue Strafmaßnahmen nur gegen die Aufständischen in der Ostukraine zu verhängen und die Sanktionen gegen Russland in absehbarer Zeit zu „überprüfen“.

Hintergrund ist die militärische Niederlage der Kiewer Truppen Anfang September, die eine Fortführung des Bürgerkriegs zur Zeit nicht angeraten erscheinen lässt: Die Truppen der Aufständischen standen vor der Eroberung der kompletten Küste von der russischen Grenze bis zur Krim. Zudem befindet sich die Ukraine ökonomisch am Rande des Zusammenbruchs; die Erdgasversorgung des Landes ist unmittelbar vor Beginn des bitter kalten ukrainischen Winters weitgehend von Russland abhängig. Um das Abgleiten ins Chaos und einen Kontrollverlust über das soeben erst in die deutsch-europäische Hegemonialsphäre übergegangenen Landes zu verhindern, vermeidet die Berliner Regierungspolitik – vorläufig – erneute Provokationen gegen Moskau. Allerdings verstärken nationalistische Kreise in der Ukraine, die Berlin und Brüssel auf dem Majdan gefördert haben, um den prowestlichen Umsturz durchzusetzen, ihren Druck auf Kiew – mit dem klaren Ziel, den Bürgerkrieg wieder aufzunehmen.

Nach den Wahlen in der Ostukraine entflammt die Diskussion über die Russland-Sanktionen der EU erneut. Deutschland und die anderen EU- und NATO-Mitglieder erkennen die Wahlen in Donezk und Luhansk nicht an – umso weniger, als die Wahlsieger die Anerkennung der Eigenstaatlichkeit ihrer beiden „Volksrepubliken“ anstreben. Das russische Außenministerium hat mitgeteilt, es „respektiere“ die „Willensbekundung der Menschen in der südöstlichen Ukraine“ und plädiere für „aktive Schritte“ zur Förderung des „Dialogs zwischen den zentralen Autoritäten und den Repräsentanten des Donbass“ [1] – eine Wortwahl, die die territoriale Integrität der Ukraine, anders als deutsche Medien es suggerieren, nicht in Frage stellt und die ebenfalls nicht einer formellen Anerkennung der Wahl gleichkommt. Unklar ist, wieso in Moskau vergangene Woche mit Bezug auf die Wahlen von einem „geheimen Anhang“ zum Minsker Protokoll vom 5. September die Rede war.[2] Unabhängig davon nehmen einige westliche Außenpolitiker die Differenzen zwischen dem Westen und Russland zum Anlass, um eine Verschärfung der EU-Sanktionen zu fordern. In Berlin zählt vor allem Andreas Schockenhoff, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, dazu.

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