Die Causa Ukraine

[von Hanns-Martin Wietek] Im Februar dieses Jahres nach nur einem Jahr und drei Monaten hat der gebürtige Litauer und von Poroschenko eingebürgerte und zum Wirtschaftsminister ernannte Aivaras Abromavicius, ehemals Finanzmanager der schwedischen Investmentgesellschaft East Capital, den Kampf in der Ukraine gegen Korruption und Misswirtschaft entnervt aufgegeben.

Vor einem Monat resignierte der ehemalige Staatschef Georgiens und ebenfalls von Poroschenko eingebürgerte und sogar zum Gouverneur von Odessa ernannte Michail Saakaschwili – der sogar „größter Reformer im postsowjetischem Raum“ tituliert wird – vor seiner Aufgabe, Korruption und Misswirtschaft zu beseitigen und Reformen durchzusetzen.
Am Ende beklagte er die fehlende Unterstützung durch Poroschenko und seinen Kreis – ja er klagte sogar Poroschenko direkt an – und schmiss Posten und Auftrag hin mit den Worten „Ich bin noch nie so oft betrogen worden. Ich habe es satt.“

In der vergangenen Woche warf die gebürtige Georgierin Khatia Dekanoidze, die es in nur fünf Jahren geschafft hatte, dass aus der ehemaligen Mafia- und Korruptionshochburg Georgien ein Vorzeige-Reform-Staat wurde, nach nicht ganz einem Jahr das Handtuch.
Sie erklärte zum Abschied: „Nach dem Maidan hat die Ukraine die Chance gehabt, in kurzer Zeit radikale Reformen durchzuführen. Leider ist das nicht passiert.“

So wie Abromavicius, Saakaschwili und Dekanoidze geht es auch der EU, dem IWF und anderen Geldgebern. Hatte man bisher aus politischen, strategischen Gründen gute Miene zu bösem Spiel gemacht, scheint die Geduld erschöpft.

Der Europäische Rechnungshof wies in der vergangenen Woche in einem Sonderbericht darauf hin, dass die bisherigen EU-Finanzhilfen von insgesamt 5 Milliarden € quasi verpufft seien und die Korruptionsbekämpfung „ins Stocken geraten [sei], weil die Strafverfolgungseinrichtungen von der Regierung nicht ausreichend unabhängig sind und die Oligarchen Einfluss auf politische Parteien ausüben.“

Es ist nicht Aufgabe des Rechnungshofes, zu entscheiden, was mit den noch ausstehenden ca. 6 Milliarden € des bis 2020 laufenden Kreditprogramms geschehen soll, und somit blieb die Frage einer weiteren Auszahlung offen.

Nicht so feinfühlig war hingegen der IWF, der der Ukraine einen Kredit über 17,3 Milliarden US$ zugestanden – wovon etwa die Hälfte ausbezahlt ist – und der aus politisch-taktischen Gründen sogar seine Richtlinien verbogen hat.

Die IWF-Chefin Christine Lagarde erklärte schon im Februar dieses Jahres, dass die Auszahlung weiterer Gelder auch eingestellt werden könne, wenn Korruption und eigennützige Interessen die Politik des Landes bestimmen.
Schnell gelobte Poroschenko damals Besserung und geschehen ist – wie die Rücktritte zeigen – nichts.

Dass in die Causa Ukraine jetzt plötzlich Bewegung, sogar eine stärker werdende Hektik gekommen ist, hängt mit den politischen Aussagen des kommenden Präsidenten Trump zusammen – nicht umsonst war Poroschenko einer der ersten nach der Wahl (und es blieb nicht bei dem einen Mal), der bei Trump antichambrierte.
Auch wenn seine Aussagen sehr häufig fern jeder Realität sind, kann er nicht übersehen, dass seine Lockrufe ungehört verhallen, denn in der Trumpschen Doktrin ist wohl für die Ukraine mit ihren zweifelhaften Oligarchen kein Platz – und das macht Geldgeber nervös.
(Hanns-Martin Wietek/russland.news)

 

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