„Christus ist auferstanden!“ Osterfest in Russland© russland.NEWS

„Christus ist auferstanden!“ Osterfest in Russland

An diesem Sonntag feiert die Russisch-Orthodoxe Kirche Ostern. Das Datum des Osterfestes wird in den meisten orthodoxen Kirchen nach dem Julianischen Kalender berechnet (von Zeit zu Zeit fällt es mit dem westlichen Datum zusammen, der nach dem Gregorianischen Kalender berechnet wird). In der russischen orthodoxen Kultur hat Ostern eine zentrale Stellung. Dieses Fest gibt dem kirchlichen Jahr sozusagen „seine Färbung“. “Nirgendwo auf der Welt wird Ostern so hell gefeiert wie in der Orthodoxen Kirche und nirgendwo wird diese Freude des Festes so poetisch und rührend zum Ausdruck gebracht, wie in Russland“, schrieb im Jahre 1911 Erzbischof Nikon.

Doch 1917 war Schluss damit. „Religion ist das Opium des Volkes“. Diese These von Marx hat Lenin weiterentwickelt: „Die Religion ist eine Form des geistigen Jochs“. Für seine Bolschewiken war das ein Aufruf zum Handeln. Und sie hatten es eilig. Schon 1918 unterzeichnete Lenin das „Dekret über die Trennung von Kirche und Staat“. „Keine kirchliche oder religiöse Gemeinschaft hat das Recht auf Besitz oder Eigentum“, hieß es darin. Doch die neuen Machtinhaber begnügten sich nicht mit der Enteignung des gesamten Besitztums der Kirche, sondern begannen unmittelbar nach der Oktoberrevolution Kirchen und Klöster zu zerstören und die Gläubigen massiv zu verfolgen. In blinder Wut warf man die Glocken von den Türmen, verbrannte und besudelte Ikonen.

Im heutigen Russland feiern immer mehr Menschen Ostern. Wegen der Corona-Pandemie mussten die meisten russisch-orthodoxen Christen Ostern 2020 zu Hause bleiben und konnten den Ostergottesdienst nur online verfolgen. Laut einer WZIOM-Umfrage, die am Vorabend von Ostern im letzten Jahr durchgeführt wurde, bezeichnete die Mehrheit der Russen Ostern traditionell als den drittwichtigsten Feiertag (34 Prozent) nach dem Tag des Sieges über Nazi-Deutschland (71 Prozent) und Silvester (66 Prozent). Unter den religiösen Feiertagen steht Ostern dabei an erster Stelle. Gleichzeitig unterstützte die Mehrheit der gläubigen Russen die Empfehlung, Besuche von Kirchen während religiöser Feiertage einzuschränken (87 Prozent).

In diesem Jahr öffneten die meisten Kirchen wieder ihre Tore. Am Vorabend von Ostern werden in den Kirchen zwischen Morgen-und Abendgottesdiensten Ostern Speisen geweiht – bemalte Eier, Kulitschi (spezielle Osterkuchen) und andere Leckereien. Ostern ist für die meisten Russen mehr mit schönen alten Bräuchen verbunden als mit der Kirche. Auch in der Zeit, als Atheismus die Staatsreligion war, ging die Tradition des Kulitsch-Backens nicht verloren. Und obwohl nur die wenigsten überhaupt noch wussten, was Ostern bedeutet, geschweige denn in die Kirche gingen, backte man Kulitschi und bemalte fleißig Eier. Im Jahr 2019 wollten 48 Prozent der Befragten Kulitschi backen und Eier bemalen, 21 Prozent wollten sie in der Kirche weihen. Allerdings planten lediglich 11 Prozent, in der Osternacht in die Kirche zu gehen.

Patriarch Kirill von Moskau und ganz Russland gratulierte in seiner Osterbotschaft den Gläubigen zur Auferstehung Christi und rief dazu auf, Barmherzigkeit und Fürsorge für die Menschen zu zeigen, besonders während der Epidemie. „An diesem feierlichen und heiligen Tag, der von österlicher Freude und wundersamem Licht erfüllt ist, wird die lebensbejahende frohe Botschaft von Mund zu Mund, von Herz zu Herz verbreitet: Christus ist auferstanden! <…> Meine Lieben, ich gratuliere euch von Herzen zum großen Osterfest und wünsche euch Gesundheit und Segen vom Lebensspender Jesus. Möge der barmherzige Herr uns allen den Segen der Gemeinschaft mit Ihm in den ewigen Tagen Seines Reiches und des freudigen Zeugnisses gewähren“, schrieb Patriarch Kirill.

Er erinnerte daran, dass vor nicht allzu langer Zeit aufgrund der Corona-Pandemie viele Menschen keinen Gottesdienst besuchen konnten. „Die Erfahrung, die wir gemacht haben, hat gezeigt, wie wichtig es ist, jede Gelegenheit zu schätzen und zu nutzen, um am gemeinsamen Gebet, an den Gottesdiensten und den heiligen Sakramenten teilzunehmen, besonders an der göttlichen Eucharistie, die uns mit Christus und miteinander verbindet“, schloss das Oberhaupt der russischen Kirche.

Der wichtigste Ostergottesdienst mit einer Kreuzprozession findet in der Nacht von Samstag auf Sonntag statt. Traditionell wird die Arbeit der öffentlichen Verkehrsmittel in der Osternacht verlängert. Zum Beispiel bleibt die Moskauer Metro eine Stunde länger offen,  und zwar bis zwei Uhr morgens.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

 

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