Nachdem die Vertreter der deutschen Wirtschaft sich schon lange gegen die von den USA mit fadenscheinigen Argumenten geschürte Sanktionswut stemmen, beginnt sich langsam auch bei den deutschen Politikern die Erkenntnis durchzusetzen, dass die immer deutlicher, schon fast drohenden Forderungen Obamas nach Sanktionen seitens der Europäer den Charakter von Disziplinierungsmaßnahmen annehmen.
Die USA haben nicht viel zu verlieren, denn ihre geschäftlichen Beziehungen zu Russland sind vergleichsweise gering und durch eine heftige Konfrontation mit Russland können sie innenpolitisch punkten. Zudem würde es ihre erwünschte unipolare Vormachtstellung festigen, wenn sie die Europäer in Reih und Glied hinter sich bekämen. Die Europäer haben sich in den vergangenen 20 Jahren jedoch weit mehr (aber leider nicht genug) politisch und wirtschaftlich mit und in Russland engagiert als die USA – auch wenn die politische Entwicklung seit 2005 von der deutschen Politik behindert wird.
Der stellvertretende Chef der SPD-Fraktion, Axel Schäfer, hat sich jetzt in der Ukraine-Krise gegen weitere Sanktionen gegen Russland ausgesprochen. „Ich sehe nicht, was weitere Sanktionen gegen Russland außer Symbolik bringen sollen“, sagte Schäfer der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Montagausgabe). „Wir sollten lieber die Diplomatie intensivieren und jeden möglichen Gesprächstermin mit Russland wahrnehmen“, sagte er. Schäfer forderte auch Gespräche darüber, was nach der Krise möglich sei, „zum Beispiel eine große europäische Freihandelszone, bei der Russland ein wichtiger Bestandteil wäre“. Auch der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, sprach sich gegen weitere Sanktionen aus. „Ich glaube nicht, dass Sanktionen gegen einzelne Akteure in Russland die Gesamtgemengelage positiv beeinflussen werden.“ Sanktionen würden derzeit nicht zur Befreiung der OSZE-Geiseln beitragen.
(hmw/ots)
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