Anti-Putin-Aktionen in Russland und im Ausland

[von Roland Bathon und Julia Dudnik] Nicht nur in Russland, auch in anderen Ländern fanden heute Kundgebungen anlässlich der Vereidigung des alten und neuen Präsidenten Putin statt. Größe, Zusammensetzung und Ablauf der Kundgebungen unterschieden sich voneinander beträchtlich.

Russland: Starke regionale Unterschiede

Nawalny und sein Umfeld hatten in Russland selbst getrommelt. Die Onlinezeitung Meduza berichtet dabei im Land von insgesamt 1.300 Festnahmen. „Er ist nicht unser Zar“ – unter diesem Motto versammelten sich die Oppositionellen allgemein gegen Putin. Ein Teil der russischen Demonstrationen – wie in Chabarowsk oder Wladiwostok – war genehmigt, ein anderer – wie in Moskau oder Sankt Petersburg nicht bzw. nicht an dem Ort, an dem die Demonstration dann durchgeführt wurde.

Teilweise gab es – wie schon bei vorangegangenen Oppositionsdemos –  im Vorfeld Streitigkeiten um attraktive, öffentlichkeitswirksame Plätze, die die Demonstranten nutzen wollten, die Behörden jedoch nur an anderen, abgelegeneren Plätzen die Aktionen genehmigten. Auf den nicht wie genehmigt durchgeführten oder gar nicht genehmigten Demos wurden dann Verhaftungen durchgeführt. Prominentester Häftling ist dabei Alexej Nawalny selbst. Auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften und Verletzungen kam es, in Moskau gab es weiterhin Konfrontationen mit Gegendemonstranten der nationapatriotischen Organisation NOD, die die Regierung von Putin unterstützt.

Aktionen und Verhaftungen in zahlreichen Städten

Die Teilnehmer- und Verhaftetenzahlen sind sehr unterschiedlich – in einigen Städten, wo die Demonstrationen am genehmigten Ort stattfanden, kam es gar nicht zu Festnahmen. Dagegen haben in Sankt Petersburg etwa 2.000 Menschen demonstriert, verhaftet wurden davon laut Meduza 112. Manche Demonstranten wurden noch heute wieder frei gelassen, andere werden wohl über das Wochenende fest gehalten, wie etwa Nawalnys Bundesgenosse Nikolai Ljaskin. Für eine längere Zeitdauer feststehende Inhaftierungen wurden bisher nicht bekannt.

Die meisten Verhafteten werden aus Moskau gemeldet, je nach Quelle zwischen knapp 500 und knapp 600. In der westsibirische Stadt Tscheljabinsk, in der es wegen starker Luftverschmutzung in jüngster Zeit viel Unzufriedenheit gab, waren es 164. Außer in Tscheljabinsk, Moskau und Piter bewegte sich die Anzahl der Verhaftungen pro Stadt stets  im ein- bis zweistelligen Bereich. Aktionen gab es dabei in wirklich vielen Städten, auch solchen, die ansonsten kaum oppositionelle Straßenaktionen kennen, wie Novokuznezk, Barnaul, Pensa, Samara, Tomsk und Kemerowo. Aus Moskau wird zudem von drei verhafteten Journalisten von oppositionsnahen Medien wie dem TV-Sender Doschd berichtet.

Solidaritätsaktionen im Ausland – Bericht aus Prag

Solidaritätsaktionen mit den Putingegnern fanden auch im Ausland  statt. Unsere Redakteurin Julia Dudnik hat die in Prag besucht und sich mit den Teilnehmern unterhalten. Russen gab es unter ihnen nicht, nur einige Ukrainer. Allerdings verfolgten mehrere Russen, die wohl als Touristen in der Stadt waren, die Aktion mit Interesse und wunderten sich etwas über seitenverkehrt angebrachte russische Nationalfahnen.

Einige der Aktivisten hatten Verbindung nach Russland, ihre Informationen über das Land bezogen sie jedoch nach ihrem Bild nur über große westliche Medien. So war ihr Protest weniger konkret gegen Putins Vereidigung gerichtet, sondern allgemein gegen die von den Teilnehmern so bezeichnete Annexion der Krim, den Syrieneinsatz Russlands oder die versuchte Blockade des Messengerdienstes Telegramm. Wofür  man hingegen kämpfen wollte, darüber schien nach etwas vagen Reden aus dem Teilnehmerkreis keine so große Klarheit zu bestehen. Nur Putin als Gegner schien die Aktiven in Prag zu einigen – hier glichen die Solidaritätsadressen den Demonstrationen in Russland.

Foto: Heutige Kundgebung in Prag, Julia Dudnik, russland.NEWS

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