Alkoholkonsum in Russland

[von Dr. Christian Wipperfürth] 2009 bezeichnete der damalige Präsident Dmitri Medwedew den Alkoholismus als „nationale Katastrophe“. Die Weltgesundheitsorganisation gab zu dieser Zeit an, dass jeder fünfte Todesfall in Russland mit Alkoholmissbrauch in Verbindung stehe. 2010 unterzeichnete der damalige Ministerpräsident Wladimir Putin einen Plan, den Alkoholkonsum bis 2020 um 50% zu senken. Seither wurden die Steuern auf Alkohol erheblich erhöht und Vorschriften verschärft.

Seit 2011 stieg die Alkoholsteuer um 73%, sodass die billigste Halbliterflasche Wodka umgerechnet nicht mehr nur etwa 2,40 €, sondern rund 4 € kostet. Anfang 2014 soll die Steuer um weitere 27% angehoben werden. In der ersten Hälfte dieses Jahres ist die Wodkaproduktion um 28% gefallen.

Im vergangenen Jahrzehnt schoss der Bierabsatz in Russland in die Höhe, allein zwischen 2005 und 2007 um 30%. Russische Brauereien, die sich meist in der Hand westlicher Konzerne befinden, waren folglich ungewöhnlich profitabel. Die dänische Carlsberg Gruppe generiert beispielsweise 40% ihres Gewinns aus dem Russlandgeschäft, dabei ist Carlsberg auch Marktführer in der Schweiz, Frankreich und beispielsweise sämtlichen nordischen Ländern. In Deutschland ist der Konzern mit den Marken Holsten, Astra, Lübzer und etwa Hannen Alt vertreten.

Bier_Carlsberg_Baltika_Barry_Kent_kleinIn den vergangenen Jahren wurden die Steuern auf Bier jedoch wesentlich erhöht. 2009 betrugen sie pro Liter gut 7 Cent, 2013 sind es etwa 35 Cent. Für 2015 sind 50 Cent geplant. Die Preise steigen, der Pro-Kopf-Bierkonsum ist hingegen seit 2010 um 13% gefallen. Ähnlich wie in Bezug auf den Tabak (s. hierzu meinen Blog vom 28.12.2012) sind hinsichtlich des Alkohols zahlreiche Beschränkungen bei Werbung und Verkauf in Kraft getreten.

Vor kurzem schrieb Dmitri Dobrow, der Vorsitzende der Vereinigung der Alkoholproduzenten Russland, einen Brief an Präsident Putin: Die Alkoholsteuern sollten zumindest bis 2017 nicht mehr erhöht werden, sondern unverändert bleiben. Er warnte, die Verbraucher könnten bei weiter steigenden Preisen vermehrt zu schwarzgebranntem Alkohol übergehen. Dies sei mit erheblichen Gesundheitsgefahren und sinkenden Steuereinnahmen verbunden.

Die radikale Anti-Alkoholpolitik unter Michail Gorbatschow gegen Ende der 1980er Jahre hatte tatsächlich die oben beschriebenen nicht beabsichtigten Nebenwirkungen.

Es sieht danach aus, dass Russland bei einer restriktiven Alkohol- und Nikotinpolitik bleiben wird, diese aber er nicht in dem Maße verschärfen wird wie bislang geplant.

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