25. Jahrestag des Atomunglücks von Tschernobyl

Inmitten der Sorge um das Unglück im havarierten japanischen Atomkraftwerk Fukushima gedenkt die Welt am Dienstag des 25. Jahrestags der Atomkatastrophe von Tschernobyl. Am 26. April 1986 um 01.23 Uhr war der Reaktor vier des Kraftwerks im Norden der Ukraine explodiert, nachdem er sich infolge eines außer Kontrolle geratenen Experiments überhitzt hatte.

Am Dienstagvormittag werden hochrangige Politiker sowie der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill am Ort des Unglücks zu einer Gedenkfeier zusammenkommen und einen Kranz für die gestorbenen Liquidatoren niederlegen.

Neben dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch kündigte auch sein russischer Kollege Dmitri Medwedew seine Teilnahme an. Die „wichtigste Lehre“ aus den Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima sei es, „den Leuten die Wahrheit zu sagen“, sagte Medwedew am Montag bei der Ehrung mehrerer Liquidatoren im Kreml. Die sowjetische Führung hatte in den vier Jahren nach der Katastrophe 600.000 sogenannte Liquidatoren entsandt, um das Feuer zu löschen und die Schäden in und um das Kraftwerk zu beseitigen. Die oft kaum geschützten Männer wurden dabei hoher Strahlung ausgesetzt.

Die sowjetische Führung unter Präsident Michail Gorbatschow versuchte zunächst, den Unfall zu verheimlichen. Die drei Kilometer von Tschernobyl entfernte 48.000-Einwohner-Stadt Pripjat wurde erst am 27. April evakuiert. Erst nachdem Schweden am 28. April hohe Strahlenwerte registriert hatte, gestand Moskau den Vorfall ein. Doch auch später informierten die Behörden nur unzureichend über das Ausmaß des Unfalls. Die verbliebenen Reaktoren von Tschernobyl wurden trotz weiterer Vorfälle erst auf internationalen Druck im Dezember 2000 endgültig stillgelegt.

Infolge des Unglücks in dem nur wenige Kilometer von der weißrussischen Grenze gelegenen Kraftwerk wurden weite Gebiete der Ukraine, Russlands und Weißrusslands verseucht. Die Strahlung, die der Explosion von mindestens 200 Hiroshima-Atombomben entsprach, breitete sich auch über weite Teile Europas aus. Der nach dem Unglück errichtete Beton-Sarkophag über dem zerstörten Reaktor wurde über die Jahre brüchig. Die internationale Gemeinschaft versprach vergangene Woche in Kiew, sich mit 550 Millionen Euro an dem Bau einer neuen Stahlhülle zu beteiligen.

Bis heute ist die Zahl der Opfer umstritten: Die UN-Expertenkommission für die Folgen radioaktiver Strahlung (UNSCEAR) erkennt lediglich den Tod von 31 Feuerwehrleuten und Liquidatoren als direkte Folge der Strahlung an. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace dagegen geht davon aus, dass bis 2005 in der Ukraine, Russland und Weißrussland mindestens 100.000 Menschen an den Folgen von Tschernobyl starben.

Angesichts des durch das Erdbeben und den Tsunami am 11. März ausgelöste Unglück in Fukushima ist der Streit um die Atomkraft in den vergangenen Wochen neu entbrannt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief vergangene Woche bei einem Besuch in Tschernobyl zu einer „globalen Debatte“ über die Atomenergie auf.

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